Was ist Produkthaftung? Eine Definition
Die Produkthaftung bezeichnet die gesetzliche Verpflichtung eines Herstellers oder Händlers, für Schäden aufzukommen, die durch ein fehlerhaftes Produkt bei einem Endverbraucher entstehen. Sie ist ein zentraler Pfeiler des Verbraucherschutzes und des Risikomanagements im Rahmen der Product Compliance. Die Haftung greift bei Personen- und Sachschäden und ist in Deutschland primär im Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) geregelt.
Entscheidend ist hierbei die sogenannte verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung: Ein Unternehmen haftet bereits für das bloße Inverkehrbringen eines nicht sicheren Produkts, unabhängig davon, ob ihm ein konkretes Verschulden nachgewiesen werden kann. Ein Produkt gilt als fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden darf.
Produkthaftung vs. Product Compliance: Der entscheidende Unterschied
Obwohl die Begriffe oft zusammen genannt werden, beschreiben sie unterschiedliche Konzepte:
- Product Compliance umfasst alle proaktiven Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreift, um sicherzustellen, dass seine Produkte sämtliche gesetzlichen Anforderungen (z.B. CE-Kennzeichnung, RoHS, REACH) für einen Zielmarkt erfüllen, bevor sie in den Verkehr gebracht werden. Ziel ist die Gewährleistung von Produktsicherheit und Marktfähigkeit.
- Produkthaftung ist die reaktive, rechtliche Konsequenz, die eintritt, wenn die Product Compliance versagt hat und ein fehlerhaftes Produkt einen Schaden verursacht hat.
Ein effektives Compliance Management System (CMS) ist daher die beste Prävention gegen teure Produkthaftungsfälle.
Gesetzliche Grundlagen der Produkthaftung
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind sowohl national als auch europäisch verankert:
- Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG): Das zentrale deutsche Gesetz, das die Haftung des Herstellers für fehlerhafte Produkte regelt. Es setzt die europäische Richtlinie in nationales Recht um.
- EU-Produkthaftungsrichtlinie (85/374/EWG): Schafft einen harmonisierten Rechtsrahmen für die Produkthaftung im gesamten EU-Binnenmarkt.
- Produktsicherheitsgesetz (ProdSG): Regelt die allgemeinen Sicherheitsanforderungen für Produkte auf dem deutschen Markt und die Pflichten von Herstellern, Importeuren und Händlern, einschließlich Marktüberwachung und möglicher Rückrufaktionen.
Wer haftet für ein fehlerhaftes Produkt?
Das Gesetz definiert den Begriff „Hersteller“ sehr weit. In die Haftung genommen werden können:
- Der tatsächliche Hersteller des Endprodukts oder eines fehlerhaften Grundstoffs/Teilprodukts.
- Der Quasi-Hersteller: Jemand, der sich durch Anbringung seines Namens, seiner Marke oder eines anderen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.
- Der EU-Importeur: Das Unternehmen, das ein Produkt aus einem Drittland in den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) einführt.
- Der Händler (subsidiär): Wenn der Hersteller oder Importeur nicht ermittelt werden kann, kann auch der Lieferant bzw. Händler haftbar gemacht werden.
Fazit: Produkthaftung als Kern des unternehmerischen Risikomanagements
Produkthaftung ist mehr als eine rechtliche Formalität – sie ist ein existenzielles Geschäftsrisiko. Schadensersatzforderungen können schnell Millionenhöhe erreichen und die Reputation eines Unternehmens nachhaltig schädigen. Eine lückenlose und systematische Product Compliance ist der wirksamste Schutz. Dazu gehören sorgfältige Risikoanalysen bereits in der Entwicklungsphase, die Erstellung einer vollständigen technischen Dokumentation und die kontinuierliche Marktbeobachtung nach dem Inverkehrbringen. Angesichts steigender regulatorischer Komplexität durch Digitalisierung und Nachhaltigkeitstrends wird ein proaktives Compliance-Management zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil.