Was ist ein Importeur im Sinne der Product Compliance?
Ein Importeur ist jede natürliche oder juristische Person, die in der Europäischen Union ansässig ist und ein Produkt aus einem Drittland (einem Land außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums) erstmalig auf dem EU-Markt in Verkehr bringt. Im Rahmen der Product Compliance agiert der Importeur nicht nur als Logistiker, sondern als zentraler Wirtschaftsakteur mit weitreichenden rechtlichen Pflichten. Er trägt die volle Verantwortung dafür, dass die von ihm importierten Produkte den geltenden EU-Vorschriften entsprechen und sicher sind.
Rechtliche Grundlagen für Importeure
Die Verantwortung des Importeurs ist in einer Vielzahl von EU-Verordnungen und -Richtlinien verankert, die in nationales Recht umgesetzt werden. Die wichtigsten rechtlichen Rahmenwerke sind:
- Marktüberwachungsverordnung (EU) 2019/1020: Definiert die Rollen der Wirtschaftsakteure und stärkt die Marktüberwachung, um die Einfuhr nicht konformer Produkte zu verhindern.
- Produktsicherheitsgesetz (ProdSG): Die deutsche Umsetzung des EU-Produktsicherheitsrechts. Es schreibt vor, dass nur sichere Produkte auf dem Markt bereitgestellt werden dürfen.
- General Product Safety Regulation (GPSR, (EU) 2023/988): Die neue allgemeine Produktsicherheitsverordnung, die die Anforderungen an die Risikoanalyse, Dokumentation und Rückverfolgbarkeit für Importeure weiter verschärft.
- Produktspezifische Harmonisierungsrechtsvorschriften: Je nach Produktkategorie gelten spezielle Regelungen, wie die Maschinenrichtlinie, die Niederspannungsrichtlinie, die Medizinprodukteverordnung (MDR) oder die REACH- und RoHS-Verordnungen für Chemikalien und Elektrogeräte.
Die zentralen Pflichten eines Importeurs im Detail
Um die Produktsicherheit und -konformität zu gewährleisten, muss ein Importeur systematisch vorgehen und mehrere Kernaufgaben erfüllen:
- Prüfpflichten: Der Importeur muss überprüfen, ob der Hersteller aus dem Drittland das korrekte Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt hat. Dazu gehört die Kontrolle, ob eine EU-Konformitätserklärung und die erforderlichen technischen Unterlagen vorliegen und das Produkt die CE-Kennzeichnung trägt (sofern erforderlich).
- Kennzeichnungspflichten: Er ist verpflichtet, seinen eigenen Namen, seine eingetragene Marke sowie seine postalische Anschrift auf dem Produkt, der Verpackung oder in einem Begleitdokument anzubringen. Dies stellt sicher, dass er für die Marktüberwachungsbehörden jederzeit identifizierbar und erreichbar ist.
- Dokumentationspflichten: Der Importeur muss eine Kopie der EU-Konformitätserklärung für mindestens 10 Jahre nach dem Inverkehrbringen des Produkts aufbewahren und den Behörden auf Verlangen Zugang zu den technischen Unterlagen des Herstellers ermöglichen.
- Überwachungs- und Meldepflichten: Der Importeur muss den Markt aktiv beobachten. Bei Beschwerden, Unfällen oder Hinweisen darauf, dass ein von ihm importiertes Produkt ein Risiko darstellt, muss er unverzüglich den Hersteller und die zuständigen Marktüberwachungsbehörden informieren und bei korrektiven Maßnahmen (z.B. Rückrufen) kooperieren.
Wichtig: Bringt ein Importeur ein Produkt unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Marke auf den Markt, übernimmt er rechtlich die vollen Pflichten des Herstellers.
Fazit: Der Importeur als Torwächter für den EU-Markt
Die Rolle des Importeurs geht weit über den reinen Wareneinkauf hinaus. Er ist ein unverzichtbarer Garant für die Product Compliance und agiert als „Torwächter“ für den europäischen Binnenmarkt. Die Nichterfüllung seiner Pflichten kann schwerwiegende Konsequenzen haben, darunter Vertriebsverbote, empfindliche Bußgelder, Rückrufaktionen und zivilrechtliche Haftungsansprüche. Eine sorgfältige Prüfung der Produkte und Lieferanten sowie ein systematisches Compliance-Management sind daher für jeden Importeur unerlässlich.