Die Zertifizierung ist ein formaler Prozess im Rahmen der Product Compliance, bei dem eine unabhängige, akkreditierte Stelle (z.B. ein Prüfinstitut wie der TÜV oder die Dekra) bestätigt, dass ein Produkt, ein Prozess oder ein System spezifische Anforderungen erfüllt. Diese Bestätigung erfolgt auf Basis von umfassenden Prüfungen und Audits nach festgelegten Normen, Gesetzen oder Zertifizierungsschemata. Ein ausgestelltes Zertifikat dient als offizieller Nachweis der Konformität und ist oft eine zwingende Voraussetzung für den Marktzugang.
Was ist Zertifizierung im Kontext der Product Compliance?
Im Bereich der Produktkonformität bedeutet Zertifizierung die formale Bestätigung durch eine dritte Partei, dass ein Produkt die Anforderungen relevanter technischer Standards, Sicherheitsvorschriften oder Umweltauflagen einhält. Sie ist ein entscheidendes Instrument, um Vertrauen bei Kunden, Partnern und Behörden zu schaffen. Während die Product Compliance die gesamte Bandbreite gesetzlicher Anforderungen umfasst, fokussiert sich die Zertifizierung auf die nachgewiesene Einhaltung spezifischer, oft international anerkannter Standards wie ISO- oder EN-Normen.
Zertifizierung vs. Konformitätserklärung: Der entscheidende Unterschied
Obwohl beide Begriffe die Einhaltung von Vorschriften bestätigen, liegt der Hauptunterschied in der prüfenden Instanz. Bei einer Konformitätserklärung (z.B. der EU-Konformitätserklärung für die CE-Kennzeichnung) erklärt der Hersteller in Eigenverantwortung, dass sein Produkt die geltenden EU-Richtlinien erfüllt. Eine Zertifizierung hingegen involviert immer eine externe, unabhängige Prüfstelle, die das Produkt objektiv bewertet und die Konformität bestätigt. Bei Produkten mit hohem Risikopotenzial (z.B. medizinische Geräte oder persönliche Schutzausrüstung) ist die Einbindung einer solchen benannten Stelle oft gesetzlich vorgeschrieben.
Rechtliche Grundlagen und wichtige Vorschriften
Die Notwendigkeit einer Zertifizierung ergibt sich aus einer Vielzahl von Gesetzen und Richtlinien. Die wichtigsten sind:
- Deutschland: Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) bildet die rechtliche Basis und fordert, dass nur sichere Produkte auf dem Markt bereitgestellt werden.
- Europäische Union: Der “New Legislative Framework” (NLF) der EU harmonisiert die Anforderungen für viele Produktgruppen. Zentrale Instrumente sind die CE-Kennzeichnung und Richtlinien wie die Maschinenrichtlinie, die Niederspannungsrichtlinie (LVD), die Funkanlagenrichtlinie (RED) sowie Vorschriften zu Chemikalien (REACH, RoHS) und Ökodesign.
- International: Weltweit existieren länderspezifische Zertifizierungspflichten, wie die CCC-Zertifizierung in China, die EAC-Zertifizierung für die Eurasische Wirtschaftsunion oder die FCC-Zulassung für Funkprodukte in den USA. Internationale Standards wie die ISO/IEC 17065 legen die Anforderungen für Zertifizierungsstellen fest.
Der Zertifizierungsprozess in der Praxis
Für Unternehmen gliedert sich der Weg zum Zertifikat typischerweise in folgende Schritte:
- Analyse: Ermittlung aller relevanten Gesetze, Normen und Richtlinien für das Produkt und den Zielmarkt.
- Prüfung: Durchführung der erforderlichen Konformitätsprüfungen, entweder intern oder durch ein akkreditiertes Prüflabor.
- Technische Dokumentation: Erstellung und Zusammenstellung aller Nachweise, wie Prüfberichte, Risikobeurteilungen, Schaltpläne und Betriebsanleitungen.
- Audit & Zertifikat: Die unabhängige Zertifizierungsstelle prüft die Dokumentation und die Testergebnisse. Nach erfolgreichem Abschluss wird das Zertifikat ausgestellt.
- Kennzeichnung: Anbringung der erforderlichen Kennzeichen (z.B. CE-Zeichen, UKCA-Zeichen) auf dem Produkt.
Die Dokumentation muss über einen gesetzlich festgelegten Zeitraum (oft 10 Jahre) aufbewahrt und den Marktaufsichtsbehörden auf Verlangen vorgelegt werden.
Fazit: Warum Zertifizierung unverzichtbar ist
Zertifizierung ist mehr als nur eine regulatorische Hürde; sie ist ein strategischer Vorteil. Sie gewährleistet nicht nur die Rechtssicherheit und den Marktzugang, sondern dient auch als anerkanntes Qualitätssiegel, das die Sicherheit und Verlässlichkeit eines Produkts belegt. Angesichts wachsender Anforderungen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Cybersicherheit und digitaler Produktpässe sowie einer verschärften Marktüberwachung wird ein proaktives und professionelles Zertifizierungsmanagement für Unternehmen immer wichtiger, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu sein.